Geschichte der Selbstverteidigung

Schon seit Urzeiten muss sich der Mensch verteidigen. Dabei stellte sich wohl schnell heraus, dass sich der (vermeintlich) Schwächere durch Schnelligkeit und Tricks erfolgreich gegen Stärkere wehren konnte. Das führte dazu, dass die Kampftechniken immer weiter perfektioniert wurden.

Um sich für den Ernstfall vorzubereiten hat sich der Mensch schon lange im Wettkampf gemessen. Schon in den Ruinen der Sumerer in Mesopotamien (3000 Jahre v. Chr.) finden sich Abbildungen von Faustkämpfen und Ringern. Auch in ägyptischen Königsgräbern wurden Wandmalereien gefunden, die Zweikampfszenen festhalten. Aus dem antiken Griechenland ist überliefert, dass im damaligen Allkampf (Pankration) nahezu alles erlaubt war. Nicht selten endeten die Wettkämpfe tödlich. Zum Äußersten gingen z. B. auch die römischen Gladiatoren bei Ihren Kämpfen.

Das ursprüngliche JIU-JITSU (als eine der Quellen des JU-JUTSU) wird in Japan bis auf die Mythologie der Entstehung Japans zurückgeführt.

 

Selbstverteidigung in der Neuzeit

Bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts zeigten Japaner in Europa in Herausforderungskämpfen JIU-JITSU. Unter anderem wurde dabei auch der bekannte amerikanische Boxmeister Robert Fitzsimmons mit der japanischen Kampfsportart besiegt.

„Circus Schumann had a big day yesterday. Higashi, the representative of theJapanese fighting sport, Jiu – Jitsu, had finally set himself against R. Fitzsimmons, the American boxer. The house was full to overflowing, but the crowd did not quite get its money’s worth, because the fight between the Japanese and the American was short. After four minutes Fitzsimmons had to excuse himself because of exhaustion and so was declared defeated.“

(Berliner Tageblatt, 9. Februar 1906, Quelle Zitat: http://www.bloodyelbow.com)

Erich Rahn war von den japanischen Kämpfern derart begeistert, dass er 1906 mit 22 Jahren die erste deutsche JIU-JITSU Schule in Berlin eröffnete. Er trat im Zirkus in im Varieté auf und nahm die Herausforderungen bekannter Athleten an und wurde dabei nie besiegt. Er gilt heute als Vater des JIU-JITSU in Deutschland.

Alfred Rhode und Otto Schmelzeisen lernten 1920 JIU-JITSU kennen und auch sie waren so begeistert davon, dass sie den Sport schnell weiter verbreiteten und die ersten JIU-JITSU Clubs in das Leben riefen. Sie begannen auch damit die ersten Polizeibeamten in JIU-JITSU zu unterrichten.

Erste Meisterschaften wurden jetzt ausgetragen. Allerdings waren die Kämpfe damals noch sehr gefährlich und brachten den JIU-JITSU-Sportlern den Beinamen „die Knochenbrecher“ ein.

1921 erlebten dann die deutschen JIU-JITSUka bei einem großen Wettkampf gegen Londoner JUDO-Kämpfer, was unter dem Prinzip „Siegen durch Nachgeben“ zu verstehen ist. Sie waren chancenlos gegen die guten und präzisen Kämpfer aus England.

In Deutschland stellte sich langsam heraus, dass JIU-JITSU zwar eine wirkungsvolle Selbstverteidigung ist, JUDO aber mit seinen Regeln besser zum sportlichen Vergleichskampf geeignet war. Am 11.08.1932 wurde dann der „Deutsche Judo Ring“gegründet. Erst 1933 besiegte dann eine deutsche Mannschaft erstmalig die bis dahin ungeschlagenen Londoner JUDOka.

 

Graduierungen entstehen

Bislang trug man Jacken mit kurzen Ärmeln und einen Gürtel eigener Wahl.Jetzt setzte sich der Judoanzug mit einem farbigen Gürtel nach japanischem Vorbild entsprechend der Graduierung durch. Der Prüfling musste einen Kampf bestreiten und je nach den gezeigten Leistungen wurden durch die japanischen Referenten die Gürtel vergeben. Die ursprüngliche Selbstverteidigung trat im Gegensatz zum Sport immer weiter in den Hintergrund.

Nachdem Krieg wurden JUDO und JIU-JITSU von den alliierten Siegermächten in Deutschland verboten. Schon 1947 wurde das Verbot für JUDO aufgehoben, nicht aber für JIU-JITSU.

Risei Kano (einer der Begründer des modernen Judo) besuchte 1952 mit einer japanischen Delegation Deutschland. Der damalige japanische Weltmeister Daigo kämpfte gegen zehn deutsche JUDO-Kämpfer. Er benötigte nur 2:33 Minuten – einschließlich der Begrüßung – um alle Gegner zu besiegen.

Werte

Der Umbruch

Im Herbst 1952 wurde das deutsche Dan-Kollegium gegründet und 1953 der deutsch JUDO-Bund. Technisch dominierten zu der Zeit die Japaner das JUDO-Geschehen. Der sportliche Wettkampf wurde immer weiter hervorgehoben und die Selbstverteidigung nicht mehr gefördert.

Einer der Gründerväter des JU-JUTSU  in Deutschland, Werner Heim, sagte 1956 dazu: „Je mehr JUDO als Kampfsport an Bedeutung und Popularität gewinnt, umso mehr verliert die Selbstverteidigung an Anziehungskraft, sowohl beim Publikum als auch bei den JUDOkas selbst. Bisher war die Selbstverteidigung – als JIU-JITSU allgemein bekannt – das Zugmittel, um für JUDO-Sportveranstaltungen Zuschauer und für die Vereine Mitlieder zu werben. Das ändert sich langsam. … Heute steht in vielen Vereinen der Kampfsport im Vordergrund.“

1963 war dann der hessische Landesverband des Deutschen Dan-Kollegiums der Meinung, dass Selbstverteidigung aus dem Prüfungsprogramm des JUDOs herauszunehmen und dafür ein geändertes JIU-JITSU zu erarbeiten sei: „Die Selbstverteidigung ist heute zu einem Spezialgebiet geworden.“ Immer mehr Verantwortliche erkannten, dass die Selbstverteidigung sich zu einer eigenständigen Kampfkunst entwickelte.

Unser modernes Ju-Jutsu entsteht

Auf dem Deutschen Dan-Tag wurde 1966 eine Kommission „Selbstverteidigung“gegründet. Das Gremium bezeichnete sich erstmalig offiziell als „JU-JUTSU-Kommission“. Nach den „Ausführungsbestimmungen für Kyu- und Dan-Prüfungen“ entstand 1968 das erste Lehrprogramm; es konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Sache selbst noch mangelhaft und unbefriedigend war.

Alles musste grundlegend neu gestaltet werden. „Wurde bisher zu jedem Angriff eine passende Abwehr gelehrt und erlernt, so ging man jetzt davon aus, dass schon eine optimal erlernte, geübte und in Fleisch und Blut übergegangene Technik gegen viele Angriffe angewendet werden kann.“

Ziel war es also, mit einer kleinen Auswahl an Verteidigungstechniken möglichst viele Angriffe abwehren zu können – „weniger ist mehr“. Wochenlang saßen die Kommissionsmitglieder beieinander und übersetzten die japanischen Begriffe ins Deutsche und suchten das Beste aus JUDOJIU-JITSU,KARATE und AIKIDO, um ein realistisches und praxisnahes JU-JUTSU zu formen. Es sollte nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Polizei und Justizvollzug geeignet sein. Dieses Prinzip wurde bis heute beibehalten.

Die ersten Ju-Jutsu Prüfungen

Der 28./29. Juni 1969 war mit der ersten Prüfung sozusagen der deutsche Gründungstag des JU-JUTSU. Als eine Besonderheit im BUDO-Sport bestand die Prüfungskommission damals zu je einem Prüfer aus JUDOKARATEAIKIDO und JIU-JITSU.Von den angetretenen 20 Anwärtern bestanden fünf die Prüfung zum ersten Dan.

Einflussreiche JUDO-Sportler zweifelten die Qualität der Prüfung an und versuchten teilweise das Programm als „Erziehungsmittel zum Schläger“ darzustellen.Letztendlich wurde JU-JUTSU durch diese Angriffe erst richtig bekannt. Die erste Frau erhielt schon im September 1969 den schwarzen Gürtel. In der Folgezeit wurde auf Lehrgängen allen interessierten BUDO-Sportlern das JU-JUTSU vorgestellt. Ende 1969 wurde dann im Deutschen JUDO-Bund die Sektion, JU-JUTSU“ gegründet. Im Mai 1970 gab es bereits 66 Vereine mit insgesamt 1.437 JU-JUTSUka. Später wurde dann der Deutsche Ju-Jutsu Verband gegründet.

Ju-Jutsu entwickelt sich weiter

Seitdem entwickelt sich die Sportart stetig weiter. Techniken werden herausgenommen und andere, bessere, hinzugefügt. Auch Elemente aus„neueren“ Selbstverteidigungssystemen werden übernommen. Denn nichts ist beständiger als der Wandel!